Transsexualität: im falschen Körper geboren

Der Terminus Transsexualität – in medizinischer Fachsprache auch als Transsexualismus oder Transidentität bekannt – bezeichnet ein medizinisch-psychisches Phänomen zur Überschreitung von Geschlechtergrenzen. Betroffene Männer empfinden sich als Frauen. Frauen erleben sich als Männer. Eine sogenannte Geschlechtsdysphorie liegt vor. Von Transsexualität ist die Rede, wenn sich Betroffene auch in ihrer Eigenwahrnehmung dem anderen Geschlecht anpassen. Häufig streben betroffene Männer und Frauen einen Geschlechterwechsel an, der physische, juristische und soziale Konsequenzen einzieht.

Die Geschichte der Transsexualität

Menschen, die die Grenzen ihres biologischen Geschlechts überschritten haben, gab es in jedem Zeitalter und in allen Kulturen. Einige der Personen erlebten aufgrund ihrer außergewöhnlichen Verhaltensweise durch Mitmenschen Bewunderung. Andere Betroffene wurden aufgrund ihrer gestörten Geschlechtsidentität bestraft und verfolgt. Die Menschen monierten, dass sich Transsexuelle nicht den gewünschten gesellschaftlichen Regeln unterordnen.

Sexualforscher setzten sich immer wieder mit dem Thema Transgender auseinander. Heute gilt Transsexualität als Störung der geschlechtlichen Identität. Dabei wird diese Form sexueller Identität unabhängig von sexuellen Vorlieben betrachtet.

Wie entsteht dieses Phänomen?

Heute sind sich Mediziner sicher, dass Transsexualität angeboren ist. Betroffene entwickeln sich nicht zu einer transsexuellen Person, sondern werden so geboren. Der Wunsch nach einem Wechsel des Geschlechts ist bei betroffenen Menschen von Geburt an verankert. Personen sind transsexuell oder eben nicht.

Tipp der Redaktion: Es gibt keine genauen Angaben darüber, wie viele Menschen als transsexuell eingestuft werden. Expertenschätzungen zufolge kommt in Deutschland auf 50.000 Geburten ein Transsexueller.

Psychische Konsequenzen der Transsexualität

Die Geschlechtszuschreibung ist ein Prozess, der ein Leben lang stattfindet. Spezielle geschlechtliche Details werden neben primären und sekundären Geschlechtsmerkmalen an Eigenschaften wie dem Gesichtsausdruck, Gang, der Stimme oder Körperhaltung festgemacht. Dieser Druck belastet transsexuelle Menschen. Bereits im Vorschulalter haben viele zukünftige Transidenten das Gefühl, „irgendwie anders“ zu sein. Einige Betroffene stellen bereits in diesem Lebensalter fest, dass sie zumindest kein Mädchen oder Junge sind. Andere Personen erlangen dieses Bewusstsein erst in der Pubertät oder dem Erwachsenenalter.

Die Männer und Frauen leiden unter einem stetig ansteigenden psychischen Druck, dessen Folgen schlimmstenfalls psychosomatische Krankheiten oder psychische Probleme sind. Relativ häufig leiden Transsexuelle an Depressionen oder Drogenmissbrauch. Irgendwann halten Betroffene dem Druck nicht mehr stand und offenbaren sich gegenüber ihrem Umfeld. Diese Entscheidung ist häufig das Resultat einer psychischen Krise, die Patienten und Patientinnen als Bedrohung für ihre eigene Existenz empfinden.

Tipp der Redaktion: Generell verzeichnen Mediziner einen Trend dahingehend, dass das Durchschnittsalter für diese Krisenphase sinkt. Das soziale Umfeld sowie verfügbare Informationen entscheiden darüber, wann Patienten und Patientinnen ihre psychischen Probleme mit der Transsexualität in Verbindung bringen.

Tritt die Transsexualität schon im Kindesalter auf, versuchen die betroffenen Personen zumeist, der ihnen zugewiesenen Geschlechterrolle zu entsprechen. Generell erscheint der Druck auf transsexuelle Männer größer als auf Frauen. Deshalb weichen die typischen Entwicklungen betroffener Personen deutlich voneinander ab.

Verhaltensweisen von Transmännern (transsexuelle Frauen)

Verhaltensweisen von Transfrauen (transsexuelle Männer)

Wechseln Betroffene ihre Geschlechtsrolle, können, müssen aber keine größeren sozialen Probleme eintreten. Partnerschaften scheitern zumeist an der Geschlechtsangleichung. Nicht pubertierende Kinder verkraften den geschlechtlichen Wandel zumeist sehr gut. Kündigungen des Arbeitsplatzes sind nach geschlechtsangleichenden Maßnahmen zumeist die Ausnahme. Rechtliche Grundlage dafür ist eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, die eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts als verfassungswidrig bewertet.

In den vergangenen Jahren ist die Zahl transsexueller Kinder deutlich gestiegen. Bei pubertierenden oder jüngeren Kindern kommen zunehmend medizinische Maßnahmen zum Einsatz, die eine Ausbildung spezifischer Geschlechtsmerkmale verhindern. Allerdings gilt die hormonelle Behandlung von jungen Patienten bis heute als medizinisch umstritten

Voraussetzungen für eine geschlechtliche Angleichung

Seit dem Jahr 1987 tragen Krankenversicherungen die Kosten für Behandlungen von transsexuellen Menschen. Diese Kostenübernahme inkludiert beispielsweise folgende medizinische Maßnahmen:

  1. Hormontherapien
  2. Bart-Laserbehandlungen bei sogenannten Mann-zu-Frau-Transidenten
  3. geschlechtsangleichende OPs

Fachärzte bezeichnen die Eingriffe nicht als Geschlechtsumwandlung, sondern als Geschlechtsangleichung. Dieser Einordnung liegt die medizinische Ansicht zugrunde, dass das psychische Geschlecht die maßgebliche Rolle spielt. Aus dem Grund nehmen Mediziner laut Expertenmeinungen nur eine somatische Anpassung an die psychische geschlechtliche Identität vor.

Tipp der Redaktion: Eine wichtige Grundlage zur Durchführung der Hormonbehandlung ist eine gutachterliche Bescheinigung der Diagnose „Transsexualität“. Eine Grundvoraussetzung für diese Diagnose ist, dass die Transsexuellen mindestens ein Jahr lang die andere Geschlechterrolle eingenommen haben.

Psychotherapeuten müssen Patienten und Patientinnen mindestens über ein Jahr hinweg begleiten. Es bedarf einer Wartezeit von weiteren sechs Monaten, um die Geschlechtsangleichung nach Diagnosestellung chirurgisch vorzunehmen.

Medizinische Folgen der geschlechtsangleichenden Behandlung

Medizinische Maßnahmen verfolgen im Rahmen einer geschlechtsangleichenden Operation den Zweck, den Körper dem individuell empfundenen Geschlecht anzupassen. Zu Beginn erhalten Patienten und Patientinnen die Sexualhormone des Geschlechts, das Betroffene anstreben. Diese Hormone verfolgen den Zweck, einer Bildung körpereigener Hormone entgegenzuwirken. Transsexuelle erleben wie eine Art zweite Pubertät, in der sich die sekundären Geschlechtsmerkmale ausbilden. Transfrauen erhalten im Regelfall eine ergänzende Behandlung mit Antiandrogenen. Wurde bei Jugendlichen bereits eine Transsexualität diagnostiziert, wird die erste Pubertät mithilfe pubertätsverzögernder Medikamente verzögert. Dadurch gewinnen Patienten und Patientinnen Zeit, um endgültige Entscheidungen zu treffen oder gegebenenfalls zusätzliche medizinische Maßnahmen einzuleiten.

Die Einnahme der Hormone verursacht bei Transmännern folgende Konsequenzen:

  • Haut wird trockener und dünner
  • Verlagerung des Körperfetts zur Brust, dem Gesicht, Gesäß und Hüfte
  • Rückgang der Körperbehaarung
  • partieller Rückgang durch Testosteron verursachten Haarausfalls
  • Schrumpfung der Hoden
  • ausbleibende Spermaproduktion
  • Schwächung bzw. Ausfall der Libido
  • Rückbildung der Muskulatur sowie körperlicher Belastbarkeit
  • zunehmende Sensibilität der Psyche

Bei Transfrauen führt eine Einnahme von Hormonen zu folgenden körperlichen Veränderungen.

  • aufkommende Grobporigkeit der Haut
  • Verlagerung körpereigener Fettdepots von der Hüfte zur Taille
  • Steigerung der physischen Leistungsfähigkeit durch erhöhten Muskelaufbau
  • Zunahme der Körperbehaarung sowie des Bartwuchses
  • Vergrößerung der Klitoris
  • Beendigung von Regelblutungen
  • Einsetzen des Stimmbruchs
  • Stärkung der Libido

Generell können die Auswirkungen der ersten Pubertät weder bei Transfrauen noch bei Transmännern vollständig verhindert werden. Die Hormone können eine Ausbildung primärer Geschlechtsorgane allerdings nicht verhindern. Um physische Schädigungen aufgrund eines Hormonmangels zu vermeiden, bedarf es einer dauerhaften Hormonsubstitution. Wird die Einnahme der Hormone um eine geschlechtsangleichende Operation erweitert, wird die entsprechende Vorgehensweise dem Geschlecht der Patienten und Patientinnen angepasst.

Die Intim-Operation bei der Transfrau

Bei einer Operation von Transfrauen werden einzelne Bereiche des Geschlechtsteils beseitigt. Aus den verbleibenden Gewebeteilen formen Chirurgen eine Vagina. Diese Behandlungsmethode hat in den vergangenen Jahren so große Fortschritte erlebt, dass sich die modellierte Vagina in puncto Optik und Funktionalität nur minimal vom natürlichen weiblichen Geschlecht unterscheidet. Bei Bedarf nimmt ein Operateur zusätzlich eine Entfernung von Rippen, eine Veränderung von Gesichtszügen sowie Anpassung des Kehlkopfes sowie der Stimmbänder vor.

Die Intim-OP beim Transmann

Transmännern wird dringend angeraten, folgende Körperteile beseitigen zu lassen:

  1. Eileiter
  2. Eierstöcke
  3. Gebärmutter

Anderenfalls besteht aufgrund der Einnahme künstlicher Hormone ein deutlich erhöhtes Risiko für Krebserkrankungen. Weiterhin erfolgt eine chirurgische Entnahme des Brustgewebes. Da die Modellierung des männlichen Geschlechtsteils wesentlich komplexer als die operative Herstellung einer Vagina ist, ist dieser Eingriff umfangreicher. Da die Klitoris aufgrund der Einnahme der Hormone ohnehin schon vergrößert ist, wird dieser Körperteil zum Penis umfunktioniert. Allerdings erreichen Operateure zumeist nur eine Länge von etwa 2,5 Zentimetern. Da den meisten Patienten diese Länge zu kurz ist, dient eine Entnahme der Muskulatur anderer Körperteile zur Bildung des männlichen Glieds. Eine Nachbildung der Hoden erfolgt über Implantate. Unter Anwendung eines hydraulischen oder pneumatischen Systems ist bei einem Transmann sogar eine Erektion möglich.

Juristische Konsequenzen für Transsexuelle

Im Jahr 1981 wurde das Gesetz über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen erlassen. Die Rede ist vom sogenannten Transsexuellengesetz, das im BGB I verankert ist. Dieses Gesetz besagt, dass Betroffene ihre Identitätsstörung partiell ausgleichen können, indem sie zum Beispiel ihren Vornamen wechseln dürfen. Transsexuelle Personen sind berechtigt, neue Partnerschaften einzugehen oder gar zu heiraten. Wer Unterstützung benötigt, kann sich an entsprechende Beratungsstellen wenden.

Die Fachärzte

Um bei einer diagnostizierten Transsexualität eine medizinische Geschlechtsangleichung vorzunehmen, sind an dieser Behandlung zahlreiche Mediziner beteiligt. Die wichtigsten Ärzte im Rahmen des Eingriffs sind folgende Fachärzte:

  • Fachärzte für Endokrinologie (hormonelle Behandlungen)
  • Internisten
  • Fachärzte für Allgemeinmedizin
  • Fachärzte für Urologie
  • Fachärzte für Gynäkologie
  • Fachärzte für plastisch-ästhetische Chirurgie

Bei einer Konsultation dieser Fachärzte ist es besonders wichtig, sich an erfahrene Mediziner zu wenden. Deshalb ist es sinnvoll, Ärzte oder Therapeuten zu kontaktieren, die auf Transidentitäten bzw. Transsexualität spezialisiert sind.

Vor- und Nachteile

Ein Großteil aller behandelten Transsexuellen verspürt nach dem chirurgischen Eingriff eine deutliche Aufwertung der Lebensqualität. Dürfen Betroffene ihr subjektiv empfundenes Geschlecht endlich ausleben, verlieren sich viele Persönlichkeitsprobleme und psychische Beschwerden von allein. Dennoch sollte dieser Schritt für transsexuelle Personen gut durchdacht sein.

Vorteile

Nachteile